Staffelübergabe gelungen!
Mitte Februar haben sich die langjährigen Vorstandsvorsitzenden des BV HNR Matthias Langer und Till Nagelschmidt nicht zur Wiederwahl gestellt. Ein Gespräch über die Entwicklung in den vergangenen Jahren, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und was jetzt auf der Agenda steht.

Warum treten Sie gerade jetzt nicht mehr an?
Matthias Langer: Ich glaube, dass der Bundesverband die Phase des Aufbaus abgeschlossen hat. Wir haben eine funktionierende Geschäftsstelle, die Mitgliederzahlen haben sich seit den Gründungstagen auf 45 verdoppelt. Zahlreiche Formate wie die Mitgliedercalls oder das Herstellerforum sind etabliert und mit der neuen Verbandsstrategie wissen wir, wo die Reise in den kommenden Jahren hingehen soll. Das ist dann ein guter Moment, sich zurückzuziehen und neuen Kräften das Feld zu überlassen. Zumal ich auch ganz unabhängig vom BV HNR der Meinung bin, dass es gut ist, Verantwortung nach bestimmten Zeiträumen in neue Hände zu legen. Das bringt garantiert neue Impulse, was allen Organisationen guttut.
Till Nagelschmidt: Dem kann ich nur zustimmen. Mit bescheidenen Mitteln haben wir eine Struktur geschaffen, die unabhängig und neutral funktioniert. Mit Susanne haben wir eine großartige hauptamtliche Mitarbeiterin, die in inhaltlich insbesondere durch Thorsten Müller unterstützt wird. Das Team ist ein echter Glücksfall für den Verband. Zusätzlich haben wir externe Partner dazugewonnen, die uns in spezifischen Fragen unterstützen. Bestes Beispiel ist die renommierte Rechtsanwältin Bettina Hertkorn-Kerrerer, die uns bei den Verhandlungen mit dem GKV SV unterstützen wird.
Abseits der Aufbauarbeit: Was hat der BV HNR erreicht?
Till Nagelschmidt: Mit das Wichtigste ist aus meiner Sicht, dass wir ein wirklich lebhafter Verband sind. Unter den Mitgliedern herrscht ein echtes Interesse daran, sich auszutauschen, Themen gemeinsam weiterzuentwickeln. So nehmen an den Mitgliedercalls regelmäßig 15 bis 20 Kolleginnen und Kollegen teil, obwohl die in ihrem Alltag alle genug Termine und Aufgaben haben. Ein tolles Beispiel ist auch der Austausch mit den Herstellern. Das hat sich wunderbar entwickelt und ist für den Hausnotruf – der Technik und Dienstleistung verbindet – essenziell.
Welche „harten“ Erfolge sind darüber hinaus zu nennen?
Till Nagelschmidt: Mit Sicherheit der Rahmenvertrag mit dem GKV SV. Der wurde 2021 komplett neu aufgesetzt, zudem stieg die Zuzahlung von 23 Euro auf 25,50 Euro. Das war schon ein wichtiger Schritt, um den Hausnotrufdiensten Planungssicherheit und für einen bestimmten Zeitraum eine auskömmliche Finanzierung zu bieten. Zu nennen sind sicher auch die Rahmenverträge mit der Telekom und Vodafone. Verträge, die den Mitgliedern Geld sparen und gleichzeitig Bürokratie verringern. Ebenso das wichtige Thema digitale Kostenvoranschläge. Hier hat sich unser Vorstandsmitglied Frank Becker unglaublich eingearbeitet, unzählige Gespräche mit dem GKV SV geführt und sein Wissen innerhalb des BV HNR geteilt. Von der Arbeit werden die Mitglieder in den kommenden Jahren sehr profitieren.
Matthias Langer: Die Stichwörter „Austausch“ und „Wissen teilen“ können für die Relevanz des Bundesverbandes gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. In den vergangenen Jahren haben wir über 60 Newsletter an rund 400 Adressatinnen und Adressaten versendet. Die waren nicht alle gleich aufregend und spannend, sind aber ein wichtiges Instrument, damit die Hausnotrufszene über Trends und Entwicklungen gut informiert ist und mit einer Stimme sprechen kann. Zugleich haben wir sechs Politikbriefe erarbeitet, in denen wir unsere politischen Forderungen und Botschaften pointiert kommuniziert haben. Das hat uns auch geholfen, sprechfähig zu werden. Das alles wird auch extern wahrgenommen. Der BV HNR wird beispielsweise vom Roten Kreuz und den Herstellern zu Veranstaltungen eingeladen und zu Kooperationen aufgefordert. Und auch, dass jetzt beim Herstellerforum die Regionalzeitung Fränkischer Tag vor Ort war und über den Hausnotruf berichtet hat, zeigt, dass wir wahrgenommen werden.
Blick voraus: Was steht in den kommenden Monaten auf der Agenda des BV HNR?
Matthias Langer: In erster Linie natürlich die Verhandlungen mit dem GKV SV zur Höchstpreisvereinbarung. Till hatte vorhin zurecht darauf hingewiesen, dass die Anhebung auf 25,50 Euro 2021 ein wichtiger Schritt war – aber das ist eben auch vier Jahre her. Seither haben wir nicht nur eine allgemeine Inflation erlebt, sondern enorme Tarifsteigerungen bei den Gehältern. Das war politisch gewollt und ist auch richtig: Wer im Pflegebereich arbeitet, soll gutes Geld verdienen. Aber das muss dann auch bezahlt werden! Der GKV SV ist gefordert, den Hausnotruf auskömmlich zu finanzieren. Alles andere geht zu Lasten der ambulanten Versorgung.
Till Nagelschmidt: Ja, die Finanzierung stehen oben auf der Agenda. Das werden sicher harte Verhandlungen, zumal sich der GKV SV in den vergangenen Jahren oftmals als Verhinderer profiliert hat. Umso wichtiger, dass wir uns als Verband nicht ausschließlich auf die Verhandlungen zur Höchstpreisvereinbarung konzentrieren. So verhandeln wir aktuell mit der GWQ Serviceplus AG – ein Zusammenschluss der Betriebskassen – einen ersten Individualvertrag zu digitalen Pflegehilfsmitteln. Wenn das klappt, machen wir uns bei dem Thema ein Stück weit unabhängig vom GKV SV und können endlich digitale Pflegeprodukte in den Markt bringen – eine ungeheure Chance! Und dann gibt es noch die geplante Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik. Gemeinsam wollen wir eine Zertifizierung von nicht gelisteten Funktionen für Selbstzahlerangebote entwickeln beziehungsweise für gelistete Pflegehilfsmittel, die aber noch keinen Dienstleistungsvertrag mit den Kassen haben. Das schafft Vertrauen und Orientierung.
Was hat Sie in den letzten Jahren persönlich im Amt des Vorstandsvorsitzenden bereichert?
Till Nagelschmidt: Ganz klar die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Im Verband, im Vorstand und ganz besonders mit Matthias. Da hat es nie einen Moment gegeben, an dem ich dachte: Ach, der Langer schon wieder, der geht mir langsam auf die Nerven – im Gegenteil!
Matthias Langer: Das kann ich nur zurückgeben. Till stand jederzeit parat, seine fachliche Expertise einzubringen. Mindestens ebenso wichtig war seine besonnene Art, Risiken und Chancen abzuwägen. Wie oft hat er mir die Chance gegeben, Ideen zu sortieren. Das war schon eine wirklich großartige Zusammenarbeit, die ich vermissen werde. Vor allem wünsche ich aber dem neuen Vorstand gutes Gelingen. Da sind wirklich gute Typen gewählt worden, die den Hausnotruf in den kommenden Jahren garantiert erfolgreich vorantreiben werden. Ich glaube, die Staffelübergabe haben wir soweit ganz gut hinbekommen!